Jürgen Schuster
Staatlich geprüfter Museums- und Ausstellungstechniker.
– Was war dein erster Impuls?
Das kam über Umwege. Ich habe öfter Ausstellungen gemacht mit verschiedenen Künstlern, unter anderem auch mit den Titanic-Leuten, die einen Comic herausgegeben haben. Das hat mir gut gefallen. Ich habe damals bei einem großen Einkaufshaushaus in Nürnberg gejobbt. Die haben unter anderem auch eine Ausstellung mit Bildern von Dali veranstaltet. Und Wiener Jungendstil von einer Galerie aus Wien. Wir haben dann ein Areal geschaffen innerhalb des Kaufhauses und haben dort tatsächlich Originale ausgestellt. Ich dachte mir, eigentlich eine schöne Arbeit. Gerade der Umgang mit Unikaten und besonderen Dingen, die man sonst nur aus Büchern kennt. Ich habe mich dann in Gelsenkirchen für eine Ausbildung beworben. Dort habe ich dann zwei Jahre die Ausbildung gemacht. 1998/99.
– Und dann bist du zurück nach Nürnberg?
Das war eher Zufall. Ich wollte eigentlich anderswohin. Köln oder Dresden oder sogar Hamburg. Man bewirbt sich dann eben mit einem für Deutschland sehr neuen Berufsbild, wir waren im Prinzip erst der zweite Jahrgang. Es war schwer zu vermitteln, was man eigentlich genau ist. Ich bin daher nach Nürnberg zurück. Ich wusste, da kann ich überleben. Ich habe durch das Meister-Bafög erstmal eine Menge Schulden gemacht, die man abbezahlen muss. Und dann hat es sich mit dem Neuen Museum so ergeben, dass ich mich beworben habe und auch genommen wurde. Seit Oktober 1999 bin ich jetzt dabei. Es gab auch mal den Gedanken, eine eigene, externe Firma zu gründen, aber man braucht dafür zu viele Geldmittel, wegen Fahrzeugen, Büroeinrichtungen, Werkstätten. Das muss ja alles bezahlt werden.
– Wie viele Leute sind in deiner Abteilung im Neuen Museum?
Es sind drei Leute dabei. Eine Leitung und zwei Mitarbeiter. Es hat sich im Lauf der Zeit so ergeben, dass jeder so seinen eigenen Bereich hat. Die Aufgaben sind mit den Projekten des Museums gewachsen. Eine Person macht Papierarbeiten, jemand anderes dann eher Medien.
– Du hast mehr mit dem Bereich Technik zu tun?
Es ist ein Fehler zu sagen, wenn man Techniker ist, dass man automatisch mit der Technik zu tun hat. Es ist eine Qualifikationsebene und daraus ergeben sich dann im Fachgebiet eher konservatorische Elemente wie Licht, Klima, Sicherheit und so weiter. Wenn man denkt, aha, der kann jetzt Fernseher und DVD-Player zusammenschließen, darum geht es nicht. Das hat sich in meinem Fall nur so ergeben. Das ist für mich etwas, woran ich Spaß habe.
– Wie lange im Voraus wird die Technik für eine Ausstellung im Museum geplant?
Die erste Planung findet über die Wissenschaftler statt. Es wird ein Konzept erstellt. Man sucht dementsprechend die Kunstwerke zusammen. Das sind alle Dinge, die uns zunächst gar nicht betreffen. Eine festere Planung steht etwa ein halbes Jahr vorher fest. Es werden dann ein Eröffnungstermin und die Laufzeit der Ausstellung festgesetzt. Das ist natürlich oft mit Leihgabenvorgaben verbunden. Wie lange man etwas ausstellen darf. Dann kommen irgendwann die Sitzungen. Dann werden die Details besprochen. Oft sieht man erst wenn die Sachen angeliefert werden worum es geht. Wie schwer ist das Teil? Welche Halterungen hat es? Welche Anschlüsse braucht man? Manchmal muss man auch auf den Künstler warten, der das persönlich machen will. Oftmals kann es dann etwas hektisch werden, weil Dinge entstehen, die man vorher nicht bedacht oder nicht geklärt hatte. Und dann – Showtime! Man kann also nicht sagen, wir haben immer drei Monate Vorlauf. Wechselausstellungen sind sehr unterschiedlich. Nur selten hat man großzügig Zeit.
Ich hatte in meiner Ausbildung ein Fach, das hieß Messewirtschaft. Das war neben den wissenschaftlichen Fächern das beste Fach. Denn ein Messeauftritt ist ja nichts weiter als eine Ausstellung. Eine Firma will ihre Produkte bestmöglich darstellen. Bei uns ist dann das Produkt im Endeffekt die Kunst. Man muss ausrechnen, wie lange brauchen wir, wie geht man vor. Man muss Installationshilfen bauen, teilweise Verpackungen, Halterungen bauen. Wie zum Beispiel für Beamer. Mit hoher Sicherheit, damit das Gewicht gehalten wird. Die Funktion muss gegeben sein, die Bildgröße muss stimmen. Das alles ist ein Zeitfaktor. Und was man nicht schafft müssen Fremdfirmen machen. Dann müssen Ausschreibungen erfolgen. Es gibt Vorgaben. Das alles gehört dazu! Liefertermine, Speditionen, gibt es Verpackungen oder müssen welche gebaut werden? Wer übernimmt welche Kosten? Jedes Material hat natürlich auch seine Eigenschaften. Positive wie negative. Hölzer, die Säure enthalten, die auch Schädlinge anziehen können. Gerade bei moderner Kunst sind die Oberflächen oft schwierig. Manchmal muss man die Objekte nicht so transportieren, wie sie dastehen, sondern zum Beispiel um 70 Grad gedreht. Wegen der Schwerkraft und vor Erschütterungen gesichert! Das gehört alles dazu. Da ist viel Wissenschaft dahinter. Man hat auch oft Probleme mit dem internationalen Verkehr. Die USA haben ganz klare Vorgaben, damit keine fremden Insekten in ihr Land kommen und dort riesige Schäden anstellen. Und diese Vorgaben müssen erfüllt werden. Sonst kann es dir passieren, dass du für viel Geld etwas verschickst, das dann beim Zoll hängenbleibt und wieder zurückgeschickt wird. Dann hast du einen immensen Schaden!
– Ihr habt im Neuen Museum eine umfangreiche Sammlung?
Ja, wir haben Sammlungen. Die Hauseigene, mit Dingen, die in zwanzig Jahren zusammengekommen sind, wir haben viele Leihgaben, auch von der Stadt Nürnberg und von privaten Sammlern, sowie von Galerien. Das ist sehr divers, was da an Material vorhanden ist. Und auch da muss man regelmäßig kontrollieren, dass in den Räumlichkeiten das Klima stimmt, sich keine Insekten einschleichen. Es ist einmal vorgekommen, dass durch Holzpaletten (Holz)Schädlinge reinkamen. Das war dann schon ein Drama. Wir haben es aber rechtzeitig bemerkt und beschlossen, dass wir alle Holzpaletten gegen Kunststoffpaletten austauschen.
– Welche Arbeit aus dem Museum würdest du gerne zu Hause haben?
Es gibt einen bronzenen Kopf von Armando, der aktuell im Lager ist. Auch ein paar Zeichnungen, die mir sehr gut gefallen. Bei Gemälden wird es ein bisschen schwierig. Da weiß ich jetzt kein Spezielles.
– Material / Materialien mit denen du gerne arbeitest?
Es gibt Sachen, die faszinieren einen. Man stellt fest, dass Künstler vor Jahrzehnten experimentell an Sachen herangegangen sind. Wie zum Beispiel Nam June Paik! Er hat Fernseher auseinandergeschraubt und hat angefangen an den Knöpfen zu drehen, um zu sehen was passiert. Diese Künstler haben tolle Sachen herausgefunden. Wie diese „Mondfernseher“. Wo statt einem Bild nur ein weißer Kreis zu sehen ist. Das ist einfach ein Effekt, wenn man an einer Stellschraube des Geräts dreht! Das könnte man heute gar nicht mehr machen, weil die Technik es nicht mehr zulässt. Faszinierend! Da gibt es viele Beispiele, wo man sich zunächst nicht erklären kann, wie man das schaffen kann. Sachen zeitversetzt zu zeigen, wie bei Dave Graham. Und dann findet man heraus, dass er das mit Hilfe von mechanischen Mitteln erreicht hat. Er hat zwei Geräte genommen, das eine hat aufgenommen, das andere abgespielt. Der Weg dazwischen war so lange, dass ein paar Sekunden verstrichen sind. Man hat sich also ein paar Sekunden später reingehen sehen. Das war schon spannend! Man kann da tolle Sachen entdecken, auch bei irgendwelchen Ausstellungen. Es gibt natürlich auch rein kinetische Kunst, die optische oder gefühlsmäßige Regungen bewirken. In einem kleinen städtischen Museum in Gelsenkirchen gibt es da eine gute Sammlung.
– Deine Lieblings-Ausstellung oder Performance?
Was ich richtig toll fand war, ganz am Anfang eine Installation mit Herrn Morellet. Er war eigentlich Spielzeugfabrikant, aber auch Künstler. Der hat eine schöne Lichtinstallation reingemacht mit blauen Argonröhren. Er hat sie für Nürnberg neu konzipiert. Das war eine spannende Angelegenheit, weil viele Sachen erstmal nicht funktionierten. Es war damals ein anstrengender, langer Tag. Bis spät in die Nacht. Und dann hat man sich gefreut, dass es funktionierte. Das war hat die erste größere Installation, bei der man mitgewirkt hat. Ich musste damals eine recht komplizierte Zeitschaltuhr einstellen. Diese Installation ist zeitlos. Es gibt aber auch ganze Ausstellungen. Wie bei Tony Crag, der sehr professionell aufgetreten ist. Der seine eigenen Leute dabei hatte. Der sehr viel ausprobiert hat. Da kam ein ganzer Laster mit Sachen mit, die dann gar nicht verwendet worden sind. Er war sehr informativ, man konnte mit ihm reden. Man ist dann schon begeistert, wenn so eine Ausstellung mit so einer hochkarätigen Umsetzung passiert. Oft entsteht das eben nicht so aus einem Guss. Man kann mit alle dem aber auch ein Buch füllen! Mit Momenten, die toll, aber auch mal nicht so toll waren.
– Was ist deine Welt innerhalb der Kunst?
Ethnologische Museen faszinieren mich total. Weil unglaublich viel in der Entwicklungsgeschichte der Kontinente steckt. In allen möglichen Bereichen, von Kleidung, Schmuck, Liedgut, Waffen. Das vermisse ich in diesem Museum schon ein bisschen.
– Was ist nicht deine Welt innerhalb der Kunst?
Die Politik. Man bekommt sehr viel mit, wie Politik und Kunst miteinander einhergehen. Das ist halt dann nicht meine Welt.
– Wer ist dabei in der Sammlung Jürgen Schuster und was sammelst du?
Zuerst habe ich Bücher gesammelt, später auch Comics. Es gab einen Head Shop in der Innenstadt. Da gab es viele amerikanische Underground-Comics. Da ging es auch mal um Drogen, Sex und Politisches. Das war teilweise sehr ernst aufgezogen. Geschichten über einen verkrüppelten, drogenabhängigen Vietnam-Rückkehrer, der mit seiner Familie und der Gesellschaft nicht mehr klarkommt. Da war schon ziemlich überrascht, so etwas im Comic zu lesen! Ich habe dann auch die Autoren-Comics entdeckt und habe angefangen zu sammeln. Dann gab es Sonderausgaben und sogar Siebdrucke, nummerierte Exemplare. Und wenn man dann mal in Städten wie Paris unterwegs ist, entdeckt man dort auch mal Originale an der Wand in irgendwelchen Comicläden. Es gibt auch super Skulpturen, wie die von Enki Bilal. Die habe ich aus einer Galerie ganz in der Nähe des Eiffelturms. Oder dann Moebius. Da konnte ich mir durch geschicktes Tauschen tatsächlich Originale sichern. Das Sammeln hat sich gesteigert, bis hin zu den Unikaten. Dann habe ich einiges von Harri Schemm, Peter Hammer, einen comicartigen Nitzschekopf von Peter Angelmann. Von Dan Reeder habe ich zwei schöne Gemälde. Was mir auch gefällt sind Arbeiten des relativ unbekannten portugiesischen Comickünstlers Francesco Clemente. Wenn ich von ihm etwas finde, kaufe ich es. Aber es muss nicht immer Comichaftes sein, es kann auch abstrakt sein. Ich will aber keine Kunstsammlung aufbauen!
– Das Highlight als Ausstellung für dich?
Ich habe viele gute Ausstellungen gesehen. Oft auch verbunden mit Städtereisen. Es gab eine wunderbare Ausstellung von Georges Seurat, dem Pointilisten. Da war ich vom Konzept überrascht. Die berühmten Gemälde, die man von ihm so kennt waren alle als gigantische Fototapeten an der Wand. Und sie haben Vorskizzen zu diesen berühmten Gemälden ausgestellt, die teilweise einen ganz anderen Charakter hatten. Das fand ich Klasse! Ich glaube das war im Grand Palais. Oder die Sieben Hügel Ausstellung in Berlin, im Gropiusbau. Die sieben Hügel sollten die Kenntnisgebiete der Menschheit darstellen. Mit einem großen, begehbaren Globus mit allen Vulkanen der Welt, um die Fragilität der Welt zu zeigen. Da gab es eine Ausstellung in München, in der Hypo-Kunsthalle. Samurai. Eine fantastische Ausstellung von einem amerikanischen Sammler, auch über die Kultur, Rüstungen und vieles mehr, nicht nur Schwerter. Ich war auch im Giger Museum in der Schweiz. Dort kommt man in ein Café, das aussieht wie ein Walfischbauch von innen. Das Museum selbst ist in einer Burg, total verwinkelt. Man konnte dort unglaubliche Sachen sehen. Objekte, Gemälde. Eine zeitlose Ausstellung. Als ich noch in der Schule war, gab es im Germanischen Nationalmuseum eine Ausstellung von der Thyssen-Krupp-Sammlung. Da habe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Dalí gesehen, der mich wirklich fasziniert hat. Ich habe in Paris, in Montmartre eine ganz kleine Ausstellung in einer unterirdischen Kapelle gesehen. Da lief eine ziemlich abgefahrene Musik. Aus einer Oper („Etre Dieu“). Ziemlich schrill mit Industrial-Elementen.
– Seit wann verfolgst du die Kunstszene in Nürnberg?
Das ist schwer zu sagen. Man kommt automatisch mit der Kunstszene in Kontakt. Man trifft Leute. Man hat so ein lebendiges Kulturgefühl. Wie früher im KOMM. Wo man plötzlich vom Feiern ins Betrachten kommt, weil man etwas sieht, das ungewöhnlich ist. Oder eine Performance. Das ist dann der Beginn zu sagen, ich interessiere mich für Kultur, weil ich in guter Laune etwas erlebt habe, das ich mir vorher nicht vorstellen konnte. Es gibt aber natürlich auch Fehltritte, wo man sagt, das war jetzt richtiger Mist.
– Brauchen wir mehr Kunst Initiative in der Region?
Ich habe den Eindruck, dass immer mehr aus dem Innenstadtbereich verdrängt wird. Der Verlust der LGA war ein gigantisches Problem für die Nürnberger Szene. Die Kultur ist zwar an vielen Orten da, aber sie ist nicht mehr zentral. Wie im Fall des Z- Baus. Ich vermisse den Kunstverein, diesen schmuddeligen Flachbau. Ich habe da phantastische Abende erlebt. Interessante Leute kennengelernt. Ich habe den Eindruck, das geht verloren, weil man keine Orte mehr hat, die eng beieinander sind. Die Szene ist getrennt! Ich sehe hier eine mittelgroße Stadt, in der die Szenen sehr getrennt voneinander laufen. Wie früher im Hemdendienst, das ist vorbei! Kann nicht mehr locker draußen mit 20 Leuten zusammensitzen. Die Lebendigkeit ist nicht mehr da! Die entspannte Atmosphäre bei Events ist nicht mehr da. Das Barden-Treffen ist so ein Beispiel. Es gab früher nur wenige Bühnen, es war sehr entspannt. Nur eine Bude für das Essen, nur eine Bude für das Trinken. Trotzdem hat das irgendwie funktioniert. Es war ein kleines Festival. Im Lauf der Jahre wurde es dann immer wilder. Mit einer gigantischen Zelthüttenstadt, wo es nur noch Essen und Trinken und sonstigen Quatsch zu kaufen gibt. Massen an Leuten, die sich überhaupt nicht für die Musik interessieren. Nur noch Saufen und Kommerz! Das ist nicht mehr mein Fest! Das ist eine Katastrophe.
– Kinder und Museum. Wie ist da deine Sicht?
Das ist eine schwierige Frage, weil ich natürlich kaum Kontaktpunkte mit Kindern habe. Kinder sind wesentlich offener als wir. Die Kinder fragen nach, was ist das? Die gehen da ganz anders ran. Das ist keine neue Erkenntnis. Wir haben einen Künstler aus dem ehemaligen Ostblock, dessen Gemälde aussahen wie großformatige Kleinkindzeichnungen. Kinder mit geistiger Behinderung sind bei uns total auf diese Bilder abgefahren und haben angefangen, darum zu sprechen. Vielleicht auch, weil dieser Künstler malte wie sie malen. Ganz toll. Das habe ich erzählt bekommen. Und manchmal stellen Kinder spannende Fragen. Der Erfolg der Abteilung zeigt, dass viele Klassen kommen. Viele sind doch sehr interessiert. Aber da bin ich außen vor.
– Sind im Allgemeinen Museen nicht zu steif für das Klientel?
Ich habe ein Salzburg mal eine schöne Ausstellung gesehen, die von verschiedensten Künstlern auch älteres Material zu einem Thema gezeigt haben, nämlich „Alice im Wunderland“. Das ist ja eigentlich ein Erwachsenenmärchen mit ganz vielen Themen, die auch Kinder interessieren. Die Kinder konnten sich mit dem Thema über Kunstwerke auseinandersetzen. Da kam mir schon der Gedanke, ob wir nicht auch einmal so etwas machen könnten. Ein Thema auszusuchen. Und dazu diverse moderne Künstler, ob Skulpturen, Zeichnungen, Abstraktes oder Realistisches. Mit Kindern dieses Gebiet abzuwandern. Durch Kinderbuch, Kinderfilm, Legende, Sage oder Märchen. Das fände ich schon toll.
– Was müssen die Kinder / Jugendlichen über Kunst wissen?
Je mehr man weiß, desto schwieriger wird es, sich zu öffnen. Das trifft eigentlich auf jede Person zu. Ich find es ganz gut, wenn man ein bisschen präpariert ist, man weiß, was einen ungefähr erwartet. Aber je mehr man weiß, umso schwieriger wird es sich frei zu machen. Das ist wie mit dem chinesischen Korb. Ein pädagogischer Trick, um Leute zum Reden zu bringen. Gerade Kinder. Wenn du vor einem Bild stehst und sagst, erzählt mal was zum Bild, dann komme Dinge, wie, da steht eine Person in der Mitte… Aber wenn du ein Objekt davorlegst, eine Pfeife oder ein Auto und man fragt, was erkennst du in beidem, was gleich sein könnte, dann fangen sie an über die Farbe und die Form zu reden. Plötzlich bist du mittendrin und redest über etwas.
– Warum heißt das Künstlerhaus Künstlerhaus, obwohl keine Künstler dort sind?
Ich finde das ziemlich problematisch. Das ist ein Konstrukt aus der Geschichte heraus, dass man von diesem KOMM wegkommt, dieser alternativen Szene. Viele Kunstfreunde meinten, das wäre keine Kultur. Sie haben es Künstlerhaus genannt, in dem Kunst in ihrem Sinne ohne große Extreme gezeigt oder gemacht werden kann. Das kann jetzt Kino bedeuten, Theater, Musik oder auch Ausstellungen. Es hat mir vorher, trotz der Mankos, die es aufgewiesen hat besser gefallen, weil es viel freier war. Das Künstlerhaus an sich, als Titel, halte ich für schwierig. Klar ist dieser Kopfbau sehr praktisch, aber dass man dafür Teile des ursprünglichen Eingangs wegmacht, das war auch nicht schön. Man muss nicht immer dieses typische, das Alte muss mit dem Neuen zusammengehen verfolgen. Dafür wurde aber auch viel Gutes verdrängt. Da ging einiges Gute ab, aber das ist leider weggesperrt worden oder ganz verschwunden. Vieles hatte eine Vorreiterfunktion für etwas, das anderswo in gezähmter Form wieder aufgetaucht ist.
– Möchtest du noch etwas zu diesem Interview beitragen?
Nein. Du interviewst ja mich. Der Interviewte sollte glaube ich nicht lenken.
– Danke für dieses Interview Jürgen.
Dieses Interview ist im Dezember 2020 entstanden.