Barbara Engelhard

– geboren 1974 in Nürnberg

– lebt und arbeitet in Fürth

– seit 2018 Kuratorin Kunstwettbewerb Blaue Nacht Nürnberg

– 2015-2017 Lehraufträge an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg

– seit 2014 künstlerische und urbane Projekte mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit dem KinderKunstRaum, Kulturpädagogischen Zentrum Nürnberg und Bezirksjugendring Mittelfranken an Schulen und Museen

– Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg

2010-2013 Aufbaustudiengang Kunst und öffentlicher Raum – Prof. Simone Decker Dipl. postgrad.

1995-2001 Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg Studium der Malerei – Prof. Christine Colditz & Prof. Werner Knaupp

Auszeichnungen – Stipendien

2020 Kulturförderpreis Stadt Fürth

2018 Künstleraustausch, Shenzhen Fine Art Institute, China und der Metropolregion

2017 Kulturpreis der Stadt Nürnberg, Künstlerin des Monats November der Metropolregion Nürnberg

2014 Debütantenförderung des Bayerischen Freistaats

2009-2010 einjähriges HWP-Stipendium des Freistaat Bayern

2001-2007 Atelierförderprogramm des Freistaat Bayern

Foto: Michael Mateijka

– Wie bezeichnest du dich selbst?

Als Künstlerin im öffentlichen Raum, Installations- und Objektkünstlerin.

– Was war dein erster Impuls?

Ich habe schon immer sehr gerne gemalt und gezeichnet, und wurde von der Familie ermutigt. Meine Großeltern und Eltern führten uns schon immer in den Familienurlauben und auf Ausflügen in Museen, Kirchen und Schlösser. Nach der Gestaltungs-FOS bin ich dann direkt zur Akademie gegangen.

– Hast du ein Vorbild?

*Marina Abramovic, die Grenzen austestet.
*Timo Sehgal, der oft ohne Material auskommt und dessen Aktionen wie „Der Kuss“ nur temporär sind.
*Erwin Wurm mit seinen Installationen.

– Material/ Materialien mit denen du gerne arbeitest?

Besonders begeistern mich gerade Lochbleche, Bänder jeder Art, sowie gebrauchte Stühle und Bänke.

– Deine Lieblings-Ausstellung oder Kunstaktion?

Meine erste Aktion „Feier mit Fremden“ (2008). Warum meinen Geburtstag immer mit der Familie feiern? So bin ich in Fürth durch die Straßen gezogen und habe mit fremden Leuten gefeiert. [Sie zeigt mir Fotos aus dem Katalog.] „Coloured Brushes“ in der Kreis Galerie Nürnberg. Die Stuhlaktion „Komm und setzt dich“ in Würzburg und Fürth. Das Thema spricht viele Leute an, weil jeder, auch ohne Kunsthintergrund sich das Kunstwerk erschließen kann.

– Von einer Kollegin/einem Kollegen/einer Gruppe/Sammlung?

*Fondation Beyeler, der Sammlung und den Künstlern, die dort vertreten sind.

– Was ist deine Welt innerhalb der Kunst?

Aktionen im öffentlichen Raum und Installationen.

– Was ist nicht deine Welt innerhalb der Kunst?

Wenn es anfängt mit Selbstverstümmelung! Aber auch das hat eine Legitimität, denn der Tod gehört zum Leben. Bei uns ist der Tod oft ein Tabu in der Gesellschaft.

– Du bist eine von wenigen Künstlerinnen, die den Kulturpreis der Stadt Fürth und Nürnberg bekommen hat. Wie wichtig ist der Preis für dich?

Die Preise sind sehr wichtig für mich. Sie sind eine Bestätigung, was ich in der Kunst mache und ein Antrieb, weiter zu machen.

– Wer ist dabei in der Sammlung Barbara Engelhard?

Ja, ich habe eine kleine Sammlung von Künstlerkollegen: Timo Behn, Sascha Bank, TEETA, Winfried Baumann, Sarah Erath, Clemens Söllner, Fotografien von Günter Derleth von meinen Installationen und dem Atelier.

– Das Highlight als Ausstellung 2020 für dich?

Die Einzelausstellung in der Kreis Galerie. Beim Kunst-Anschlag Signale aus der Nürnberger Szene, bei dem wir ein ganzes Werbeplakat gestalten durften.

– Wie wars in Shenzhen China 2018?

[Sie lacht.] Das war super genial und interessant. Eine neue Kultur kennenzulernen, mit einer 5000 Jahre alten Geschichte. Für mich alles total faszinierend vom Geschirr/Porzellan, Grafiken, Mustern auf Stoffen, Mangas, die Schriftrollen bis hin zur traditionellen Malerei mit Tusche. Mein Aufenthalt war extrem inspirierend. Ich möchte unbedingt wieder nach Shenzhen, China oder auch Japan.

– Kuratorin der Blauen Nacht. Ich stelle mir Barbara vor, mit einer Schaufel hinter einem Berg von Bewerbungen!

Nein, wir, die Jury, bekommen alles digital, das weißt du doch, Carlos! Da dieses Jahr die Blaue Nacht mit dem Thema Risiko wegen Corona leider nicht stattfinden konnte, verschieben wir die bereits ausgewählten Künstler ins nächste Jahr. Deswegen wird kein neuer Wettbewerb ausgeschrieben. Wir fangen jetzt an zu planen, mit Hoffnung, dass die Preview am 23. April und die Blaue Nacht am 24. April 2021 dann stattfinden kann.

– Gibt es ein Highlight?

Das kann ich so nicht sagen. Jedes Kunstprojekt hat seine besondere Wirkung an dem ausgewählten Ort.

– Mehr Indoor oder Outdoor?

Es gibt beides, mit altbekannten Orten und Neuen, wie die Parkhäuser Sterntor und Katharinen, der Hof im Kraftschen Haus, Kunstvilla, Apollo Kino, Schmidt & Sohn.

– Brauchen wir mehr Kunst-Initiative in der Region?

Die Galerieszene ist sehr übersichtlich in Nürnberg. Es gibt zum Beispiel überhaupt keine Produzentengalerie. Das fehlt. Zusätzlich gibt es kaum noch kleine Nischen. Atelierplätze werden gekündigt und es gibt immer weniger bezahlbare Flächen für Künstler zu mieten. Dafür gibt es aber eine sehr aktive Kunstszene engagierter Künstlergruppen und Kollektiven wie „Das Borgo-Ensemble“, die immer wieder neue Räume entdecken, das Heizhaus, Edel extra!, Badstraße e.V. …

– Ist die Szene in der Region besser als früher geworden?

Das kann man so nicht sagen. Es ist einfach anders und Neues kommt immer wieder hinzu und anderes vergeht.

– Findest du gut, dass die Grundschulkinder Bilder von Hundertwasser nachmalen müssen?

Ich finde prinzipiell Kunst und Musik in der Schule gut und vor allem sehr wichtig. Aber leider werden diese Stunden immer weniger. Van Gogh, Hundertwasser und Miró, ich finde das sind gute Beispiele,

aber es ist gut, auch zusätzlich freie Künstler aus aktuellen Kunstsparten in die Schule mit einzubeziehen, wie das bei Kunstgrundschulen der Fall ist.

– Was müssen die Kinder/Jugendlichen über Kunst wissen?

Kunst ist gerade für Kinder und Jugendliche eine wichtige Möglichkeit, die Konzentration und Ausdauer zu schulen und den Horizont zu erweitern. Was ich sehr schade finde ist, dass viele Kinder von vorne herein sagen, ich kann das nicht! Die digitalen Vorlagen sind oft zu perfekt und man braucht erst jahrelanges Üben, um auch fotografisch abzeichnen zu können. Und oft ist die Frustrationsgrenze sehr niedrig.

– Was ist mit der Motorik?

Sie nimmt immer mehr ab. Einen Schraubenzieher in der Hand zu halten oder mit einem Schnitzmesser für Linolschnitt umzugehen ist für viele das erste Mal und komplett ungewohnt.

– Sind die Museen nicht zu steif für das Klientel?

Hmm, nein, ein klares nein. Ein Museum ist kein Action-Park. Es ist ein Ort, der offen ist für viele Genres. Der materielle und immaterielle Dinge unsrer Kultur und Gesellschaft zeigt, aufbewahrt, erforscht und ausstellt. Es erweitert die Sinne und zeigt neue Blickwinkel.

– Bist du politisch?

Ich bin keine politische Künstlerin. Jedoch kommen immer wieder zum Beispiel in meiner Stuhlinstallation auch politische Fragen auf. Wie beispielsweise, wohin mit den Obdachlosen, wenn sie in der Stadt nicht erwünscht sind? Was ist, wenn jemand auf einem Stuhl übernachtet, weil dieser weich gepolstert ist? Darüber hinaus sind oft Bänke im öffentlichen Raum mit Zwischenlehnen gestaltet, damit sich auch keiner hinlegen kann.

– Warst du schon in einer Sitzung des Kulturausschusses?

Speziell Kulturausschuss, nein.

– Warum nicht?

Weil ich durch meine Projekte Kontakt zur Stadt habe.

– Soll ich dich informieren, wann die nächste Sitzung des Kulturausschusses stattfindet?

Ja, warum nicht? Das ist sicher mal interessant.

– Wusstest du, dass es ein Gremium für Kultur in der Metropolregion Nürnberg gibt?

Ja, das Forum Kultur! Die habe ich kennengelernt als ich Künstlerin des Monats November 2017 geworden bin.

– Wusstest du, dass keine Künstler dabei sind?

Nein, wusste ich nicht.

– Warum heißt das Künstlerhaus Künstlerhaus, obwohl keine Künstler dort sind?

Früher war es ein Künstlerhaus und wurde auch als solches eröffnet. Man kann sich immer noch bewerben, wie es früher war, ohne Atelier. Jetzt ist es anders. Für alle kulturellen Bereiche. Wir haben Filmhaus, Werkbund, Musikszene, Filme.

– Möchtest du zu diesem Interview noch etwas beitragen?

Ich muss überlegen. Ich finde gut, dass du aktiv bist und immer wieder neue kuratorische Projekte findest. Wie in der Vergangenheit mit dem Projektraum ORFFDREI und jetzt mit der Interview-Plattform.

– Danke für das Interview!

Dieses Interview ist im Oktober 2020 entstanden.

*Marina Abramovic
serbische Performance-Künstlerin

*Erwin Wurm
österreichischer Künstler.

*Timo Sehgal 
deutsch-britischer Künstler

*Fondation Beyeler  Basel – Schweiz

Feier mit Fremden 
aus dem Jahr 2008 
Foto: Barbara Engelhard

Mein Kühlschrank 
aus dem Jahr 2001 
Material: Kühlschranktür und Aufkleber, 
Foto: Carlos Cortizo (bereitgestellt von Reiner Bergmann)

Caché II
5-teilig, 55 x 40 cm
Fine Art Print auf Alu Dibond
Foto: Barbara Engelhard

Falling Moments
aus dem Jahr 2018
Shenzhen (China)
Foto: Barbara Engelhard

Colored Bruhes
aus dem Jahr 2020
Material: Bänder und Pinsel
Foto: Barbara Engelhard

Barbara Engelhard
Foto wurde von Reiner Bergmann bereitgestellt

Barbara Engelhard
Foto wurde von Reiner Bergmann bereitgestellt